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Hochtemperiertes Wasser, kilometertief aus der Erde geholt, als klimafreundlicher Wärmelieferant für Wohngebiete und Industrieanlagen: Diese natürliche Energiequelle soll dazu beitragen, den Ausstoß von klimaschädlichem Kohlendioxid erheblich zu reduzieren rund um die Uhr, das ganze Jahr. Ein zukunftsweisender Ansatzpunkt, denn ein Großteil des nationalen Energiebedarfs wird für den Wärmesektor benötigt.
Um die Nutzung der sogenannten hydrothermalen Geothermie innerhalb der nächsten Jahre in Nordwesteuropa auf breiter Ebene zu realisieren, fördert die Europäische Union seit Oktober 2018 das Projekt „Roll-out of Deep Geothermal Energy in North-West Europe“, kurz DGE-ROLLOUT. Weil Klima und Geologie keine politischen Grenzen kennen, die Herausforderungen umfangreich sowie vielseitig sind und vorhandenes Know-how gefragt ist, beteiligten sich an dem im Oktober 2023 abgeschlossenen Projekt insgesamt 20 Partner aus sechs Ländern unter Federführung des GD NRW. Ihr Ziel: die Tiefengeothermie als klima- und umweltfreundliche Wärmeressource zu etablieren und die CO2-neutrale Wärmeerzeugung zu fördern.
DGE-ROLLOUT: Imagefilm
COP26 Glasgow 2021: der GD NRW über das Potenzial der Tiefengeothermie
EU-Mittel: 11,2 Mio. Euro
Gesamtvolumen: 18,7 Mio. Euro
2018 bis 2023
Gesucht werden Gesteine, durch deren Hohlräume mehr als 50 °C heißes Wasser fließt. Dieses kann mit Hilfe einer geothermischen Dublette gefördert werden: Durch einen Förderbrunnen wird das heiße Wasser nach oben gepumpt und seine Wärme genutzt. Das abgekühlte Tiefenwasser wird anschließend durch ein zweites Bohrloch, den Injektionsbrunnen, in den Untergrund zurückgeführt.
Für diesen Zweck sind verkarstete Kalksteine besonders vielversprechend. Sie weisen die für die hydrothermale Geothermie erforderlichen Karsthohlräume auf. Hier wurden durch versickerndes und fließendes Wasser im Laufe von Jahrmillionen Teile des Kalksteins gelöst und Wasserwegsamkeiten geschaffen. Für die geothermale Anwendung sind solche Gesteinsvorkommen ab Tiefen von etwa 2 km nutzbar. Dort hat das Wasser eine Temperatur von rund 70 °C. In 3 km Tiefe können es bereits über 100 °C sein.
Im Untergrund von Nordrhein-Westfalen existieren verkarstungsfähige Karbonatgesteine (Kalk- und Dolomitsteine) in drei verschiedenen stratigraphischen Einheiten und damit in drei Tiefenniveaus:
Kalksteine mit hohem hydrothermalem Potenzial im Untergrund einiger Regionen von Nordrhein-Westfalen
Die komplizierten Verhältnisse im Aufbau des geologischen Untergrundes sind eine der besonderen Herausforderungen, die es zu erkunden und zu meistern gilt. Hydrothermale Geothermie muss für Mensch und Umwelt technisch sicher und sauber sein. Nicht nur das: Sie muss auch wirtschaftlich sinnvoll, politisch wie gesellschaftlich gewollt und rechtlich abgesichert sein.
DGE-ROLLOUT bündelt transnational eine Vielzahl von Kompetenzen unterschiedlichster Institutionen und Unternehmen: Neben dem GD NRW sind dies die Staatlichen Geologischen Dienste von Belgien, Frankreich, Großbritannien, Irland und den Niederlanden, Forschungseinrichtungen, Netzwerkorganisationen, Unternehmen aus dem Bereich der Exploration und Energieversorgung und weitere.
Um die zahlreichen Aspekte zu berücksichtigen, die für die Etablierung der hydrothermalen Geothermie wichtig sind, ist das Projekt in sieben Arbeitspakete aufgeteilt:
Arbeitspaket Management
Leitung: Geologischer Dienst NRW (GD NRW)
Arbeitspaket Kommunikation
Leitung: Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie IEG
Arbeitspaket Kartieren und Netzwerken
Leitung: Belgischer Geologischer Dienst (GSB)
Arbeitspaket Entscheidungs- und Explorationsunterstützung
Leitung: Energiewirtschaft Niederlande B.V. (EBN)
Arbeitspaket Leistungsverbesserung von Geothermie-Anlagen
Leitung: Flämisches Institut für technologische Forschung (VITO NV)
Dies wird unter realen Bedingungen in Balmatt (Belgien), Bochum (Fraunhofer IEG), an der TU Darmstadt und in Weisweiler (RWE) durchgeführt. Die Anlagen stehen exemplarisch für unterschiedliche Fragestellungen:
Balmatt ist die erste tiefengeothermische Anlage im Projektraum mit so hoher geförderter Wassertemperatur (mehr als 130 °C), dass damit auch Strom produziert werden kann.
In Bochum werden die Wärmespeichermöglichkeiten in einem stillgelegten gefluteten Bergwerksstollen erkundet und umgesetzt.
Die TU Darmstadt testet die Speicherung saisonaler Überschusswärme in kristallinen Gesteinen.
Weisweiler ist ein konventionelles Braunkohlekraftwerk, dessen Infrastruktur nach dem Kohleausstieg für hydrothermale Geothermie verwendet werden soll.
Alle vier Anlagen sind an vorhandene Wärmenetze gekoppelt für das „Kohleland“ NRW mit seinen vielen Kraftwerken besonders interessant: Noch versorgt das Braunkohlekraftwerk Weisweiler rund 2 000 Kund*innen mit Fernwärme. In einigen Jahren könnte es bereits saubere, klimafreundliche Wärme aus der Erde sein. Das tiefengeothermische Potenzial ist hier vielversprechend. Erkundungsbohrungen und Analysen werden zeigen, ob und wie tiefe Geothermie die Wärme der Zukunft sein kann.
Arbeitspaket Investment
Leitung: Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie IEG
Arbeitspaket Langzeiteffekte
Leitung: Geologischer Dienst NRW
Die Europäische Union fördert mit ihrer Struktur- und Investitionspolitik die „europäische territoriale Zusammenarbeit“. Dazu hat sie vor mehr als 20 Jahren das Programm Interreg ins Leben gerufen, das in gezielten Projekten die transnationale Zusammenarbeit von nationalen, regionalen und kommunalen Partnern in Kooperationsräumen wie Nordwesteuropa unterstützt.
Die Bundesregierung hat die Antragstellung des Projektes DGE-ROLLOUT bei Interreg NWE gefördert. Im Projektmanagement – von der Planung bis zur abschließenden Realisierung – wird der GD NRW durch die Firma europiZe unterstützt.
Tiefengeothermisches Potenzial am Standort des rheinischen Braunkohlekraftwerks Weisweiler
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