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Mit Kernbohrungen erkunden wir auch in diesem Jahr den Untergrund für unsere aktuellen Projekte der integrierten geologischen Landesaufnahme. An den ausgewählten Standorten gibt es viele offene Fragen zur Abfolge und Lage der Gesteinsschichten. Bohrkerne ermöglichen eine detaillierte Beschreibung der Gesteine und Untersuchung ihres Alters sowie ihrer chemischen und physikalischen Eigenschaften. In digitalen geologischen Karte stehen die ausgewerteten Geodaten für die Anwendung in der Praxis bereit: beispielsweise zur Erdwärmenutzung, Grundwasserschutz oder Gefahrenabwehr.
Vier Kernbohrungen sind in folgenden Projektgebieten von April bis Juli durchgeführt worden:
Oktober 2018
Proben der Bohrkerne kommen nun in die Labore, wo die Bestandteile und die Eigenschaften der Gesteine sehr genau analysiert und gemessen werden.
Hier wird gerade die Wärmeleitfähigkeit eines Bohrkerns der Bohrung Hastenrath gemessen. Dies ist ein wichtiger Parameter, um geothermische Anlagen richtig bemessen zu können.
Fertig abgepackte Proben für diverse Untersuchungen in den Laboren des GD NRW.
September 2018
Die Bohrkerne der vier Bohrungen sind mittlerweile nach Krefeld in den GD NRW gebracht worden. Hier erfolgt zunächst die Dokumentation der Bohrungen:
Die gesäuberten Kerne werden fotografiert, hier die Bohrung Raesfeld.
Im nächsten Schritt wird – hier die Bohrung Hastenrath – das detaillierte Schichtenverzeichnis erstellt: Gesteinsart, Fossilien, Lagerunsverhältnisse – was mit dem Auge zu erkennen ist, wird mit Angabe der Tiefe dokumentiert. Alle diese Daten fließen in die Bohrungsdatenbank DABO ein.
Juli 2018
Nirgendwo sonst im Raum Raesfeld stehen die ca. 90 Millionen Jahre alten Gesteinsschichten der Oberkreide-Zeit so nah an der Oberfläche. Sie sind hier sattelförmig aufgewölbt und werden lediglich von 3 m Sand und Kies der jüngeren Erdgeschichte überdeckt. Da die Aufwölbung zeitgleich vor ca. 90 Mio. Jahren begann, kamen dabei vermutlich noch nicht verfestigte Schichten ins Rutschen. Diese verlagerten Schichten müssten an den Flanken des Sattels zu finden sein. Die Bohrung wurde daher an der nördlichen Flanke des in Ost-West-Richtung verlaufenden Sattels positioniert. Bis in welche Schichten der Oberkreide werden wir im Verlauf der 100 m vorstoßen? Werden wir in den Bohrkernen Belege für das Verrutschen der Schichten finden? Wir sind und bleiben gespannt!
Mit gut 30 Bohrmetern verlief die erste Woche erfolgreich und hatte darüber hinaus eine Überraschung parat. Nach den ersten 5,70 m durch eiszeitliche Ablagerungen aus Kies, Sand und Ton folgten – wie erwartetet – die rund 85 Millionen Jahre alten kalkhaltigen Tone der Emscher-Formation. Bereits bei 18 m Tiefe – und damit früher als erwartet – zeigt sich ein abrupter Wechsel zu hellgrauem Kalkstein. Dieser ist vermutlich der Wüllen-Formation zuzuordnen und damit vor rund 90 Millionen vom Kreide-Meer abgelagert worden.
Die folgenden knapp 70 Bohrmeter wurden ohne größere Probleme in der zweiten Woche erbohrt: hellgrauer Kalkstein mit Mergellagen, deren Anzahl zur Tiefe hin abnahm, während die Härte des Kalksteins zunahm. Spannend wurden die letzten drei Bohrmeter: Sie brachten einen karbonatischen Sandstein ans Tageslicht, der zunächst hellgrau und recht fest ausgeprägt ist. Mit steigendem Glaukonitgehalt geht seine Farbe von Hellgrau ins Dunkelgrün über. Der Sandstein des tiefsten Bohrmeters ist zudem relativ locker. Ob nun dieser Sandstein als Rutschmasse zu interpretieren ist, werden die Untersuchungen an den Bohrkernen sowie die Erkenntnisse aus den geophysikalischen Messungen zeigen.
Die detaillierten Analysen in unseren Laboren bringen nicht nur Licht in das Alter und die Entstehung der Gesteine. Sie liefern auch für den Alltag wichtige Erkenntnisse über die Beschaffenheit und die Eigenschaft des Gesteins. So wird beispielsweise die Wärmeleitfähigkeit gemessen, um einen Referenzwert zu erhalten. Wird dieses Gestein bei einer Erdwärmebohrung – auch in größerer Tiefe - erbohrt, so kann die voraussichtliche Wärmeentzugsleistung vorhergesagt werden.
Bereits jetzt steht fest: Auch die Kernbohrung Raesfeld liefert zahlreiche neue und wichtige Erkenntnisse über den Untergrund im Westmünsterland. Einen großen Anteil daran hat das Bohrteam, das hier und an den anderen Bohrplätzen hervorragend gearbeit hat.
Juni 2018
Weiter ging es mit der dritten Kernbohrung in Erkrath-Hochdahl. Zunächst durch etwa 15 Meter Lockergesteine des Känozoikums, die bis vor einigen Millionen Jahren abgelagert worden sind. Darunter erwarteten wir Sand- und Kalksteine sowie geschieferte Tonsteine aus dem Oberdevon. Vor 375 Millionen Jahren wurden sie in einem tropischen Meer abgelagert. Durch Prozesse der Gebirgsbildung wurden die mächtigen Gesteinsschichten zu Mulden und Sätteln zusammengeschoben. Dabei zerbrachen teilweise die Gesteinsschichten. Welche Gesteinsschichten hier verborgen sind und wie sie gelagert sind, soll die Bohrung – auch mithilfe geophysikalischer Messungen – entschlüsseln, eine nicht ganz einfache Aufgabe in diesem geologisch sehr komplizierten Gebiet. Wir waren gespannt, wie tief wir vordringen können und welche Erkenntnisse wir gewinnen können.
Mitte Juni waren knapp 30 m geschafft. Das eiszeitliche Lockergestein aus teils schluffigem Mittelsand reicht bis 7,2 m Tiefe mit einer Kieslage an der Basis. Es folgt bis 15,8 m ein feinsandiger, toniger Schluff mit kalkigen Fossilbruchstücken aus dem Oligozän und damit mehr als 23 Millionen Jahre alt. Darunter beginnt das Oberdevon mit feingeschichtetem, teils karbonatischem Schluffstein der Rützhausen-Formation, zu sehen in der 17 m-Bohrkernkiste.
Nach drei nicht kernbaren und daher gemießelten Metern ging es trotz starker Klüftung des Gesteins mit dem Kernen zügig voran. Weitere 50 m Bohrkerne konnten bis zur Endteufe von 85 m gewonnen werden. Das oberdevonische Gestein ist weiterhin feingeschichtet und zum Teil stark karbonatisch. Charakteristisch für die kleinräumige Faltung in dieser Gegend wechselt das Einfallen der Schichten mehrfach und liegt zwischen 45 und 80 Grad.
Geophysikalische Messungen im Bohrloch sowie mineralogische und paläontologische Untersuchungen in unseren Laboren werden helfen, das Gestein der Bohrkerne näher zu bestimmen und zeitlich einzuordnen.
Mai 2018
Die zweite Kernbohrung lief ebenfalls wie am Schnürchen. Die Bohrung ging der Frage nach, wie mächtig die paläogenen Sedimente hier sind und in welcher Tiefe das mehr als 360 Millionen Jahre alte, paläozoische Grundgebirge mit seinen Gesteinen aus der Devon-Zeit erreicht wird.
Die ersten Bohrmeter brachten olivfarbene bindige Feinsande der Grafenberg-Formation zutage. Sie wurden vor 24 Millionen Jahren im Oberoligozän von der nach Süden vordringenden Nordsee der Paläogen-Zeit (Tertiär) abgelagert. Die Grenze zur liegenden Rupel-Formation wurde bei etwa 24 m erreicht. Diese rund 30 Millionen Jahre alten Sedimente aus dem Unteroligozän reichen bis in eine Tiefe von ca. 70 m. Dort beginnt das Devon mit stark verwittertem, weißem und stellenweise intensiv rot gefärbtem Gestein. Darunter folgt bis zur Endtiefe der Bohrung von 98 m unverwitterter, dunkelgrauer und glimmerreicher Schluffstein.
Bevor das Bohrloch ordnungsgemäß Ende Mai verfüllt wurde, haben unsere Geophysiker diverse geophysikalischen Messungen durchgeführt. Sie geben Aufschluss über den Durchmesser des Bohrloches sowie über die spezifische elektrische Leitfähigkeit, die natürliche Radioaktivität und die natürliche Magnetisierbarkeit des Gesteins. Eine optische Bohrlochaufnahme liefert 360°-Bilder, die insbesondere darüber Aufschluss geben sollen, in welche Himmelsrichtung die Schichten und die Schieferung geneigt sind.
April 2018
Die Geologie am nordwestlichen Eifelrand ist komplex. Während der Devon- und Karbon-Zeit wurden die bis zu 380 Millionen Jahre alten Gesteine abgelagert. Gebirgsbildende Kräfte haben sie stark gefaltet und mächtige Gesteinskörper wurden entlang von Störungsflächen verschoben. Lagerung, Mächtigkeit und Ausbildung der einzelnen Gesteinsschichten sind daher vielerorts noch genauer zu erkunden.
Am Bohrpunkt in Hastenrath besteht großes Interesse daran, eine durchgehende Abfolge der Kohlenkalk-Gruppe zu erbohren. Dabei handelt es sich nicht um kohlenhaltiges Kalkgestein. Die Bezeichnung hat historischen Hintergrund: Gesteine der Karbon-Zeit wurden früher automatisch mit Kohle in Verbindung gebracht. Der Schichtenaufbau des Kohlenkalks ist zwar aus vielen einzelnen Aufschlüssen bekannt, aber ein durchgehendes Bohrprofil fehlt bislang. Die Bohrung soll daher möglichst viele Formationsgrenzen des Kohlenkalkes erfassen.
Das erfahrene Bohrteam brachte die Kernbohrung zügig bis zur Endteufe von 92 m nieder. Über die gesamte Bohrlänge kam die erwartete Gesteinsformation ans Tageslicht: Der rund 350 Millionen Jahre alte Kohlenkalk aus dem Unterkarbon.
Die Bohrung setzte in der Terwange-Formation mit Kalksteinen des Oberen Kohlenkalkes ein, erreichte dann die Vesdre-Formation mit überwiegend Dolomitsteinen und Pont D´Arcole-Formation in einer dunklen Fazies des mittleren Kohlenkalkes. Sie endete in der Hastière-Formation mit wiederum sehr hartem Dolomitgestein. Das Bohrziel wurde erreicht und somit ist die Bohrung als Erfolg zu werten.
Durch die starke Zerklüftung des Gesteins war das Bohrloch sehr instabil, sodass nur eine geophysikalische Vermessung bis 40 m Tiefe möglich war.
Die Bohrkerne werden nun in unseren Laboren untersucht, um beispielsweise mehr über ihr Alter, ihre Entstehung, ihre Eigenschaften und ihre Lagerung zu erfahren.
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