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Bohrgerät und geophysikalischer Messwagen am Bohrpunkt Niederschönhagen

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Kernbohrungen 2019

Aktuelles am laufenden Meter

Eine spannende Erkundungsbohrung östlich von Detmold ist etwas Besonderes. Sie soll in erster Linie Aufschluss über die Vegetation und das Klima vor rund 1 Million Jahren geben. Danach geht es weiter mit Kernbohrungen für unsere aktuellen Projekte der integrierten geologischen Landesaufnahme. Für das Projekt Ruhrgebiet Nord wollen wir in Schermbeck Fragen zur Abfolge und Lage von Sedimenten klären, die während der letzten Kaltzeit abgelagert wurden.

Bohrkerne ermöglichen eine detaillierte Beschreibung der Gesteine und die Untersuchung ihres Alters sowie ihrer chemischen und physikalischen Eigenschaften. In digitalen geologischen Karten stehen die ausgewerteten Geodaten für die Anwendung in der Praxis bereit: beispielsweise zur Erdwärmenutzung, zum Grundwasserschutz oder zur Gefahrenabwehr.

Ruhrgebiet Nord

Erkundungsbohrung Schermbeck

Auf dem Weg in den Untergrund werden hier Schichten durchbohrt, die Ablagerungen eines wohl etwa 200 000 Jahre alten eiszeitlichen Stausees enthalten. Darunter geht es mehr als 80 Millionen Jahre zurück in die Erdgeschichte, in die Ablagerungen eines Meeres, das in der Kreide-Zeit unsere Region beherrschte. Die Geologie an unserem Bohrplatz ist sehr kompliziert, aber ungemein spannend!

 

August 2019

15. August: Die 85 Bohrkerne sind bereits in unserem Bohrkernarchiv in Krefeld angekommen. Dort wurden die Kunststoffrohre, die das gekernte Lockergestein schützen, aufgeschnitten. So sind die Bohrkerne für den nächsten Arbeitsschritt, ihre detaillierte Beschreibung, gut vorbereitet.

Foto: 85 m Borhkerne in Kunststoffrohren auf Paletten im Bohrkernarchiv des GD NRW

 

7. August: Drei Wochen nach Bohrbeginn wird das Bohrloch wieder verfüllt und nach oben hin mit Ton abgedichtet. In 85 m Bohrtiefe und mit der Haltern-Formation haben wir unser Bohrziel erreicht. Kollegen aus der Geophysik haben mit speziellen Sonden das Bohrloch noch geophysikalisch vermessen. Mit diesen Daten können in nicht gekernten Bohrlöchern einzelne Horizonte korreliert werden.

Foto: Das Bohrloch in Schermbeck wird abschließend wieder verfüllt.

 

2. August: Mittlerweile sind wir bei 76 m Tiefe angekommen. In den Bohrkernen befinden sich die unverfestigten Meeressande der Haltern-Formation. Diese etwa 84 Millionen Jahre alten „Halterner Sande“ wurden in Küstennähe während der Oberkreide-Zeit abgelagert.

Foto: Bohrmeter 76 bringt Halterner Sande ans Tageslicht, Erkundungsbohrung Schermbeck

 

 

Juli 2019

31. Juli: Meter für Meter durch den kreidezeitlichen Meeresgrund...

Bei etwa 69 m deutet sich mit zunehmendem Sandanteil der Schichtwechsel zur Haltern-Formation an.

Foto: Bohrgut aus 69 m Tiefe, Erkundungsbohrung Schermbeck

 

29. Juli: Es geht gut voran! Wir haben mehr als 50 m Tiefe erreicht. Unter 26 m kiesigem Sand aus der letzten Kaltzeit beginnen die vermuteten Eisstauseeablagerungen. Es stellt sich heraus, dass diese feinkörnigen Ablagerungen 10 m mächtig sind!

Anschließend stieß der Bohrer – sozusagen mit einem großen Zeitsprung rückwärts – schon auf Meeressedimente aus der Kreide-Zeit: sandiger Mergel aus der sogenannten Bottrop-Formation.

Foto: Bohrgut Meter 50, Erkundungsbohrung Schermbeck

 

Eine Probe wurde bereits bei uns in Krefeld unterm Mikroskop untersucht und zeigt: Es handelt sich bei den durchbohrten Sandmergelschichten um ehemaligen Meeresboden aus dem Untercampan vor rund 82 Millionen Jahren!
Auf dem Bild sieht man Coccolithen. Das sind Überreste mariner, einzelliger Algen.

Foto: Coccolithen (Überreste mariner, einzelliger Algen). Erkundungsbohrung Schermbeck

 

18. Juli: Unsere Geologen Bastian und Andreas begutachten die Lockergesteine aus dem Bohrmeter 18 und prüfen den Kalkgehalt mit der Säureprobe. In dem Bohrabschnitt finden die beiden kiesige Sande der „Niederterrasse“. Diese sind Flussablagerungen der „Ur“-Lippe aus den letzten rund 100 000 Jahren.

Foto: Geologen begutachten einen Bohrkern, Erkundungsbohrung Schermbeck

 

15. Juli: Der Bohrplatz ist eingerichtet. Bereit liegen die Rohre, die nach und nach übereinandergeschraubt, den Bohrstrang bilden, in dem das eigentliche Kernrohr weiter in den Boden getrieben wird. Die ersten Bohrmeter kommen bereits ans Tageslicht. Wir hoffen, dass die Bohrung gut vorangeht.

Foto: Blick auf den Bohrplatz in Schermbeck-Bricht

 

Foto: Das 300-kg-Rammgewicht, Erkundungsbohrung Schermbeck

Das Rammgewicht – 300 kg schwer! – schlägt auf das Kernrohr, um den nächsten Meter „auszustechen“.

 

Foto: Der Fänger schnappt sich das Bohrgut, Erkundungsbohrung Schermbeck

Der sogenannte Fänger „schnappt“ sich das Bohrgut und hält es beim Hochziehen fest in der Kunststoffhülse. So kann das Probenmaterial gesichert werden.

 

 

Erkundungsbohrung Niederschönhagen bei Detmold

Ein Klimaarchiv mit Rekord

Das sanfte Hügelland bei Detmold verbirgt einen Schatz: ein Klimaarchiv aus dem frühen bis mittleren Eiszeitalter des Quartärs, also aus dem Unter- und Mittelpleistozän. Proben aus bis zu 30 m tiefen Vorbohrungen sind bereits dem Cromer-Komplex zuzuordnen und damit mindestens 500 000 Jahre alt. Ob die darunter liegenden Sedimente bis zum Beginn des Quartärs vor 2,6 Millionen Jahren reichen, ist noch ein Geheimnis. Dieses wollen wir mit den Bohrkernen lüften und die Entstehungsgeschichte der Seeablagerungen enträtseln.

So viel ist sicher: Dieses einmalige Klimaarchiv liegt in der Senke von Mosebeck. Hier hat sich das Gelände durch Auslaugung des tief im Untergrund liegenden Salzgesteins über einen langen Zeitraum nach und nach gesenkt. In dieser sogenannten Subrosionssenke bildete sich ein See, an dessen Grund sich feinkörniges Sediment ablagerte.

In den tonigen Seesedimenten blieben Reste von Muschelkrebsen, Kieselalgen, Pollen und Sporen erhalten. Diese Fossilien „erzählen“ von den Umweltbedingungen zum Zeitpunkt ihrer Sedimentation. Sie sind Indikatoren für die Wasser- und Lufttemperatur, für die Wassertiefe des Sees und für die Vegetation der Umgebung. Zusätzlich liefern die mineralischen Komponenten des Sediments Hinweise zur Entstehungsgeschichte – Schicht für Schicht.

 

Foto: Blick vom Bohrplatz Niederschönhagen in die Umgebung der Mosebecker Subrosionssenke

 

August 2019

19. August: In kleinen Tütchen abgepackt, sind die ersten Proben im pollenanalytischen Labor angekommen. 1700 werden es ingesamt sein, denn beprobt wird in Abständen von mindestens 10 cm. Zunächst wird der Probeneingang dokumentiert. Nach ihrer Aufbereitung im Labor geht es weiter mit dem Auszählen und Bestimmen der Mikrofossilien unter dem Mikroskop, 500 Pollen je Probe sollten es sein. Viel Arbeit, die bevorsteht. Sie ist aber erforderlich, um die Auswirkungen der Warm- und Kaltzeiten und die Folgen der wechselnden Umweltbedingungen auf Vegetation und Lebensräume im Laufe der jüngeren Erdgeschichte genau zu studieren. In jedem Fall werden die gewonnenen Erkenntnisse zum besseren Verständnis der Klimageschichte beitragen.

Foto: Ein Mitarbeiter dokumentiert den Eingang der Proben im pollenanalytischen Labor

 

16. August: Daniel, der als Geologe die Bohrung fachlich betreut, nimmt von oben nach unten die Bohkerne systematisch auf. Das heißt, er beschreibt das Gestein nach Farbe und Korngröße und macht auch Skizzen, z. B. zu einer auffälligen Lagerung der Schichten oder zu eingelagerten Mineralien und Fossilien. "Auf den ersten Blick denkt man, das sind relativ monotone graue Tonabfolgen. Beim genauen Hinsehen entdecke ich so viele Feinheiten und Unterschiede. Ich bin begeistert und sehr gespannt auf die Untersuchungsergebnisse aus der Mineralogie und Pollenanalyse."

Foto:Ein Geologe bei der Beschreibung der Bohrkerne

 

Foto: Bohrkern mit Einlagerungen von blauem Vivianit

Vivianit, auch Blaueisenerde genannt, ist ein Phosphatmineral, das in Ton und Torf entsteht.

 

April bis Ende Juni 2019

Geschafft: sensationelle 170 Bohrmeter – mit Bohrkernen komplett aus dem Quartär. An keiner anderen Stelle in Nordrhein-Westfalen wurden aus dieser Zeit bislang mächtigere Ablagerungen erbohrt. Ein Rekord!

Die Bohrkerne bieten damit die einmalige Chance, diesen relativ alten Zeitabschnitt des Quartärs sehr genau zu untersuchen.

Foto: Blick auf den Bohrplatz Niederschönhagen

 

Foto: Bohrkern des quartär-zeitlichen, tonigen Seesedimentes aus der Senke von Mosebeck

 

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