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Für eine voraussichtlich 130 m tiefe Kernbohrung im Bocholter Stadtteil Mussum haben in dieser Woche die Arbeiten begonnen. Die Fachleute vom Geologischen Dienst NRW in Krefeld erwarten von der Bohrung wichtige, noch fehlende Erkenntnisse zum Aufbau des Untergrundes in der Region.
Ob Grundwasserschutz, Erdwärmenutzung, Planungsdaten zum Untergrund oder auch das Erkennen potenzieller Geogefahren: Viele Vorhaben können ohne die Daten des Geologischen Dienstes NRW nicht durchgeführt werden. Er betreibt die geologische Landesaufnahme für ganz NRW und erhebt geowissenschaftliche Grundlagendaten. Bohrkerne liefern dabei ungestörte Proben, an denen neben der Sedimentabfolge auch zu sehen ist, wie die Schichten im Untergrund lagern und ob sie von Verwerfungen durchzogen werden. Dies sind dringend notwendige Referenzdaten, um die Verbreitung, Mächtigkeit und den Aufbau der Gesteinsschichten im Untergrund zu erfassen und in geologischen Karten und Informationssystemen darzustellen.
Mit der Kernbohrung bei Bocholt-Mussum werden gezielt die Lockergesteine aus der jüngeren Tertiär-Zeit erkundet: Im dort verlaufenden Bocholter Graben, einer besonderen geologischen Struktur, ist die miozänzeitliche Schichtenfolge der Breda-Formation nahezu vollständig überliefert. Nur hier kann sie komplett erbohrt werden. Die Abfolge besteht aus Schluffen und Feinsanden, die vor ca. 19 bis 6 Millionen Jahren in einem flachen Meer abgelagert wurden. Außerhalb der Grabenstruktur sind die jüngeren Schichtglieder dieser Formation abgetragen. Die gesamte Struktur ist allerdings im Bereich des Bohrpunktes nur etwa 700 Meter breit. Gleichzeitig wird sie von mächtigen quartärzeitlichen Terrassenablagerungen des Rheins und seiner Nebenflüsse überdeckt.
Folgenden Fragen gehen die Krefelder Geowissenschaftlerinnen und Geowissenschaftler nach: Wie mächtig ist die Grabenfüllung, wie mächtig sind die einzelnen Schichtpakete aus Schluff und Feinsand und wie sehen die Übergänge zwischen den einzelnen Schichten und zu den darunter lagernden Sanden der oligozänzeitlichen Grafenberg-Formation (23 Mio. J. und älter) aus? Aus der Schichtenfolge und den darin enthaltenen Fossilien kann anschließend der damalige Ablagerungsraum rekonstruiert werden. Die Bohrung Bocholt-Mussum liefert ein Referenzprofil für die miozänzeitliche Schichtenfolge in der Region und hat daher eine große Bedeutung für die geologische Landesaufnahme.
„Die Bohrung wird voraussichtlich 3 bis 4 Wochen dauern“, so die verantwortliche Geologin Dr. Linda Prinz. „Wir erwarten, die tertiärzeitliche Schichtenfolge unter etwa 20 m mächtigen, sandig-kiesigen Terrassenablagerungen des Quartärs anzutreffen.“ Zum Ende des Bohrvorgangs erfolgt eine geophysikalische Vermessung des Bohrlochs durch den Geologischen Dienst NRW. Damit werden zusätzlich Daten zu den Gesteinseigenschaften und den Grundwasserverhältnissen erfasst. Die genaue Bohrkernaufnahme mit der Beschreibung der Sedimentabfolge findet im Anschluss im Geologischen Dienst in Krefeld statt.
Den dortigen Fachleuten bietet sich dann ein naturgetreues Abbild der durchbohrten Schichten und es können Proben für weitere Untersuchungen genommen werden. So können Eigenschaften, wie zum Beispiel der Kalkgehalt und der weitere Chemismus, die Dichte oder die Wärmeleitfähigkeit, im Labor ermittelt werden. Auch paläontologische Untersuchungen, wie die Bestimmung und Altersdatierung der enthaltenen Fossilien, werden vorgenommen.
Alle Ergebnisse fließen in einem Geo-Informationssystem zusammen. Gerade im Hinblick auf zukunftsweisende Planungen sind geologische Informationen unverzichtbar, zum Beispiel für die Nutzung von klimaschonender und umweltfreundlicher Erdwärme, die ohne Kenntnisse des Untergrundes und der Gesteinseigenschaften nicht möglich wäre. Auch für den Schutz unseres kostbaren Grundwassers sind Geo-Daten erforderlich.
Die Bohrung in Bocholt-Mussum steht der Presse gerne nach Absprache zum Besuch offen. Vor Ort besteht die Möglichkeit zu Interviews. Bitte vereinbaren Sie einen Termin! Aktuelle Informationen zur Bohrung finden Sie unter Geologie > Geodaten erheben & bewerten
Wir über uns
Der Geologische Dienst NRW ist die geowissenschaftliche Einrichtung des Landes NRW. Wir erforschen den Untergrund und die Böden in NRW, sammeln alle Geo-Daten und stellen diese in Onlinediensten und Datenportalen frei zur Verfügung. Wir bewerten die Geo-Risiken, überwachen die Erdbebenaktivität und betreiben das Erdbebenalarmsystem NRW. Unsere Daten zum tieferen geologischen Untergrund liefern die Grundlage für die Nutzung von klimafreundlicher Erdwärme und für die Herausforderungen der Nachbergbauzeit. Wir erkunden die wertvollen Rohstoffe von NRW und monitoren ihre Gewinnung, für eine nachhaltige und sichere Versorgung. NRW ist reich an Grundwasser, Heilquellen und Mineralwässern. Erschließung und Schutz des kostbaren Wassers gehen nicht ohne unser Know-how und unsere Daten. Wir beraten und liefern Geo-Daten zum Untergrund: für Gebäude, Straßen, Brücken, Staudämme, Tunnel, Bahngleise und Deponien. Wir unterstützen die Sicherung und Erschließung von herausragenden geowissenschaftlichen Objekten wie Höhlen, Felsen und besonderen Landschaftsformen. Land- und Forstwirtschaft vertrauen auf unsere Bodenkarten, auch für eine klimaangepasste Flächenbewirtschaftung. Geo-Daten sind unverzichtbar für ein sicheres und lebenswertes NRW!
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