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Anfang September führen wir eine 100 Meter tiefe Forschungsbohrung in Schwelm durch. Im Rahmen des landesweiten Untersuchungsprogrammes „Geowärme – Wir erkunden NRW.“ wird der sogenannte "Schwelmer Kalk", näher erkundet. Er ist mehr als 385 Millionen Jahre alt und stammt aus der Devon-Zeit. Die erhobenen Daten und Informationen fließen in unsere geologischen Karten und 3D-Untergrundmodelle ein. Danach werden Sie der Öffentlichkeit in unseren Internetportalen zur Verfügung gestellt.
Bohrkerne liefern ein naturgetreues Abbild der durchbohrten Schichten und damit ungestörte Proben. Sie ermöglichen eine genaue Untersuchung von unzugänglichen Gesteinsschichten. Sie bringen neue Erkenntnisse über den Aufbau, die Mächtigkeiten und die Lagerung der Gesteine im Untergrund sowie über die erdgeschichtliche Entwicklung einer Region. Unsere Geowissenschaftler*innen beschreiben die Bohrkerne detailliert und nehmen Proben zur Untersuchung ihres Alters sowie ihrer geochemischen und -physikalischen Eigenschaften: zum Beispiel Mineralzusammensetzung, Korngröße, Porosität, Wärmeleitfähigkeit. Die gewonnenen Daten und die hieraus abgeleiteten geologischen Karten und 3D-Modelle sind wichtige Grundlagen für die ressourcenschonende und nachhaltige Landes- und Regionalplanung. Sie liefern unverzichtbare Informationen beispielsweise für die Erdwärmenutzung, den Grundwasserschutz oder zum Erkennen und zur Abwehr potenzieller Geogefahren.
Die über 385 Millionen Jahre alten Kalksteine aus der Devon-Zeit ähneln denen, die am nordwestlich gelegenen Schwelmer Tunnel an der Erdoberfläche vorkommen. Die Bohrkerne sollen einen ungestörten Einblick in den internen Aufbau der Kalksteine geben. Eine wichtige Frage, die mit der Bohrung beantwortet werden soll: Hat im „Schwelmer Kalk“ entlang von Spalten Kalklösung stattgefunden? Wenn ja, dann bezeichnet man ihn als verkarstet und er könnte große Mengen Wasser führen. Kommt dieselbe Gesteinsschicht andernorts in großen Tiefen vor, wäre darin enthaltenes Wasser warm und könnte zur geothermischen Wärmeversorgung genutzt werden. Das erbohrte Gestein wird im Anschluss im Labor untersucht. Besonderes Augenmerk liegt hierbei auf der Wärmeleitfähigkeit und der chemischen Zusammensetzung. Diese Daten fließen in das geologische Landesmodell des Untergrundes ein und sollen helfen, die tiefe Geothermie in NRW nutzbar zu machen.
25.09.: An diesem regnerischen Tag sind unsere Hydrogeologen Hannsjörg, Nick und Ben auf dem Bohrplatz, um einen Pumpversuch zu begleiten. Dieses Feldexperiment dient dazu, die hydraulischen Eigenschaften von Gesteinen direkt vor Ort zu bestimmen. Dafür misst man die Veränderung des Grundwasserstandes im Bohrloch. Mithilfe einer Pumpe wird so lange Wasser entnommen, bis sich ein Gleichgewicht zwischen abgepumptem und nachströmendem Wasser einstellt – der Grundwasserspiegel sinkt dann nicht weiter ab. Anschließend wird die Pumpe ausgeschaltet, um die Zeit für den Wiederanstieg des Grundwassers zu messen. Dieser Versuch liefert wertvolle Erkenntnisse über die Durchlässigkeit von Gesteinen, in unserem Fall von Kalksteinen. Der Test wurde in einer Bohrtiefe zwischen 30 und 100 Metern durchgeführt.
Links: Hydrogeologen Ben und Nick während der Analyse einer Wasserprobe, rechts: Pumpversuch im Bohrloch
20.09.: Die Bohrkerne sind in unserem neuen Probenbearbeitungsraum eingetroffen. Geologe Sören ist schon mitten in der Gesteinsaufnahme. Mit fachmännischem Blick untersucht er die Kalksteine und notiert alle relevanten Geo-Daten. Daraus kann er die Entstehungsgeschichte der Gesteine ableiten, weiß, wie sie in der Tiefe aufgebaut sind und welche Strukturen vorkommen. Anschließend werden die Kerne im Labor untersucht, um das Alter, die Wärmeleitfähigkeit und andere Parameter zu bestimmen. Alle Daten fließen schließlich in unsere Bohrungsdatenbank DABO ein.
Geologe Sören untersucht den „Schwelmer Kalk“.
18.09.: Die 100 Meter sind erreicht und leider war weit und breit kein Tonstein zu finden. Dieser muss demnach tiefer liegen als bisher angenommen. Die Daten helfen dabei, unsere geologischen Karten und 3D-Untergrundmodelle anzupassen. Nun folgen die geophysikalischen Messungen im Bohrloch. Untersucht wird der elektrische Widerstand, der Bohrlochdurchmesser, die natürliche Radioaktivität des Gesteins und es wird die Bohrlochwand mit einer speziellen 360°-Unterwasserkamera aufgenommen. Im nächsten Schritt wird dann der Pumpversuch vorbereitet.
Geophysikalische Bohrlochmessungen: links: Monitore mit Aufnahmen der Bohrlochwand, rechts: Geophysik-Wagen
17.09.: Nicht mehr lange und die 100 Meter sind erreicht. Noch immer hält sich der Kalkstein hartnäckig. Es bleibt spannend, ob wir den Übergang zum Tonstein erbohren werden. Währenddessen sind einige der Bohrkerne bereits in unserem Probenbearbeitungsraum angekommen. Die Analysen können damit bald beginnen.
16.09.: Ganze 82,5 Meter hat sich das Bohrgerät in die Tiefe gearbeitet. Weiterhin sind wir im Kalkstein. Das ist eine wichtige Erkenntnis, denn laut unseren Untergrundmodellen hätten wir den Übergang zum darunterliegenden Tonstein bereits antreffen müssen. Wir wissen also, dass der Kalkstein in diesem Bereich noch tiefer liegt als bisher angenommen.
12.09.: Besuch von der Presse. Geologe Sören erklärt der Journalistin, dass wir durch ein mehr als 385 Millionen Jahre altes, fossiles Riff bohren. Von dieser einst lebendigen Unterwasserwelt zeugen heute noch Korallen, Stromatoporen und andere Fossilien in den ans Tageslicht geförderten Kalksteinen. Sie kommen in der Umgebung von Schwelm an der Erdoberfläche vor, können aber in anderen Regionen um einiges tiefer liegen. In Tiefen von über 1 000 Metern wäre in ihnen enthaltenes Thermalwasser bereits mehr als 40 °C warm und könnte zur geothermischen Wärmeversorgung genutzt werden. Dafür muss der Kalkstein jedoch Hohlräume oder Spalten haben, durch die es hindurchfließen kann. Der hier angetroffene „Schwelmer Kalk“ weist einige solcher Kluftflächen und kleine Hohlräume auf.
Links: Presseinterview mit Geologe Sören, mitte: Kalkstein mit Spalten und Hohlräumen, rechts: Detail-Foto dunkler Kalkstein mit hellen Fossilien
11.09.: 66 Meter Bohrtiefe geschafft! Unsere Geo-Experten Sören und Sebastian erwarten bald die Grenze zum darunterliegenden Gestein. In welcher Tiefe dieser Übergang vom Kalkstein zum Tonstein genau angetroffen wird, werden wir in den nächsten Tagen sehen. Der Countdown läuft …
Bohrteam bei der Arbeit
10.09.: Mit dem großen Bohrgerät können wir uns schwer verstecken und das wollen wir auch nicht. Heute war Radio Ennepe Ruhr zu Besuch auf dem Bohrplatz. Unser Geologe Sören erklärte, was wir hier im Untergrund erwarten und wozu wir die Bohrung in Schwelm durchführen. Der Kalkstein, der hier vorkommt, ist repräsentativ für die gesamte Region. Mit der Bohrung sammeln unsere Geo-Fachleute Daten zum Untergrund, die später für Orte, an denen diese Kalksteine in größeren Tiefen vorkommen, genutzt werden können.
Links: Geologe Sören im Interview mit Radio Ennepe Ruhr, rechts: Kalkstein
06.09.: Bohrkerne des „Schwelmer Kalks“ aus ca. 28 und 32 Metern Tiefe offenbaren einen Blick in eine längst vergangene Zeit, als die Region um Schwelm noch ein tropisches Flachmeer war und südlich des Äquators lag. Es sind fossile Reste von Riffbildnern wie Stromatoporen und Korallen im dunklen Kalkstein enthalten. Außerdem kommen Brachiopoden und stellenweise Schneckenhäuser, also Gastropoden, vor. Das Gestein ist stark zerklüftet und weist Spalten auf.
Schwelmer Kalk (ca. 385 Millionen Jahre alter Massenkalk der Devon-Zeit) aus ca. 28 und 32 Metern Tiefe. Die Bohrkerne haben jeweils einen Durchmesser von 10 Zentimetern.
04.09.: Der Bohrplatz ist hergerichtet und Geo-Ingenieur Sebastian präsentiert das Info-Plakat. Nun kann die 100 Meter tief geplante Bohrung in Schwelm beginnen. In den nächsten Tagen wird es die ersten Bohrkerne geben.
Links: Geo-Ingenieur Sebastian an der Bohrstelle mit Info-Plakat, rechts: Bohrgerät in Schwelm
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