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Nahaufnahme eines Suevit

Suevit aus Aufhausen bei Forheim vom südlichen Kraterrand des Nördlinger Rieses.

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Gestein des Jahres

2024: Suevit – seltener Zeuge eines gewaltigen Asteroideneinschlags

Er ist unscheinbar und erinnert an Beton: der Suevit. Sein Name bedeutet „Schwabenstein“ und er ist einzigartig in Deutschland. Man findet ihn nur im und um das Nördlinger Ries. Sein Entdecker glaubte, dass dieses ungewöhnliche Gestein durch einen Vulkanausbruch entstanden sei. Erst viel später erkannte man, dass die Entstehung des Suevits viel außergewöhnlicher ist. Er bildete sich vor fast 15 Millionen Jahren bei einem Asteroideneinschlag (Impakt).

Entstehung innerhalb von Sekunden

Ein fast 1,5 km großer kosmischer Körper traf mitten im Zeitalter des Miozäns die Erde im Gebiet der heutigen Stadt Nördlingen in Bayerisch-Schwaben. Er schlug innerhalb von Sekunden einen kreisrunden Krater mit einem Durchmesser von 24 km, das sogenannte Nördlinger Ries, in die Albhochfläche. Beim Aufprall wurden Temperaturen von mehr als 20 000 °C und Drücke von mehreren Millionen bar freigesetzt. Die getroffenen Gesteine wurden geschmolzen, verdampft, umgewandelt oder zertrümmert. Durch den enormen Druck des Aufpralls breiteten sich Schockwellen im Untergrund aus und führten zur Bildung von Hochdruck-Mineralen. Der Asteroid drang fast 5 km tief in die Erde ein und schleuderte explosionsartig große Gesteinsmengen seitlich heraus. Über dem Krater stieg eine Wolke aus heißen Gesteinsfragmenten wie ein Atompilz auf. Die extreme Hitze ließ den Asteroiden schließlich verdampfen. Der tiefe Krater fiel in sich zusammen, das heiße Rückfallmaterial aus der Glutwolke sank auf die Erdoberfläche und lagerte sich in einem Umkreis von bis zu 30 km als Suevit ab. Der im Nördlinger Ries geprägte Begriff Suevit wird heute weltweit für entsprechende Gesteine in allen Einschlagskratern der Erde und des Mondes verwendet.

Fingerabdrücke des Asteroideneinschlags

Suevit besteht aus einer feinen Grundmasse aus thermisch veränderten Gesteinsfragmenten des Nördlinger Untergrundes und seltenen Mineralen, die unter dem extremen Druck und der enormen Hitze des Impakts entstanden. Typisch sind verschiedene Ultra-Hochdruck-Varianten von Quarz, die sich nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen bilden können, wie z. B. Coesit und Stishovit. Coesit entsteht auf der Erde ansonsten nur bei einer Kontinent-Kontinent-Kollision. Stishovit benötigt extrem hohe Drücke und ist charakteristisch für Asteroideneinschläge. Daneben wurden in den Sueviten des Nördlinger Rieses auch Diamanten nachgewiesen. Ein weiteres Merkmal von Impaktgesteinen ist das Vorkommen von Gesteinsgläsern wie Moldavit. Im Suevit sind auch Gläser mit Fließtextur zu erkennen, die als „Flädle“ bezeichnet werden.

Vom Einschlag sind heute noch der kreisrunde Krater und sein gut sichtbarer Kraterrand erhalten, der teilweise über 100 m hoch ist. Aber auch ein kleinerer Begleitasteroid hat seine deutlichen Spuren hinterlassen: Unweit vom Nördlinger Ries liegt das Steinheimer Becken, ebenfalls ein Impaktkrater. Nördlingen ist seit 2009 Nationaler GeoPark. Das Infozentrum liegt direkt neben dem sehenswerten RiesKraterMuseum, in dem Entstehung, Archäologie und Kulturgeschichte des Kraters und seiner seltenen Gesteine spannend aufbereitet präsentiert sind.

Verwendung

Als Baustein wurde das einzigartige Gestein bei zahlreichen sakralen und profanen Gebäuden Süddeutschlands verwendet. Dazu gehört z. B. die zum Ende des 15. Jahrhunderts nahezu vollständig aus Suevit errichtete St. Georgskirche in Nördlingen. Der Suevit wurde auch für gestalterische Zwecke abgebaut und wird heute noch in zwei Steinbrüchen in Bayern für die Zementindustrie gewonnen.

Nahaufnahme der Fassade der Pfarrkirche St. Salvator in Nördlingen

Aus Suevit bestehende Fassade der Pfarrkirche St. Salvator in Nördlingen (Foto: Jan-Michael Lange)

Suevit-Vorkommen im Nördlinger Ries

Suevit-Vorkommen im Nördlinger Ries (Foto: Jan-Michael Lange)

2023: Grauwacke – ein uralter, gräulicher Wackerstein

Ziegenrücker Falte in Thüringen.

Ziegenrücker Falte in Thüringen. Eine typische Abfolge aus Tonsteinen und Grauwacken, die während der Kollision zweier großer Kontinentalplatten gefaltet wurden. Sie ist heute ein beliebtes Ziel für Exkursionen. Studierende lernen hier oft den Umgang mit dem Geologenkompass – sie messen Schichtung und Schieferung am Gestein.

Grauwacke, ein alter Bergmannsbegriff aus der Harzregion, bedeutet nichts anderes als „graues Gestein“. Üblicherweise wird der Begriff nur für Gesteine aus dem Erdaltertum verwendet, also solche, die vor 418 – 252 Millionen Jahren entstanden sind. Grauwacken im mineralogisch-petrographischen Sinne sind eine grobkörnige, meist graue bis braun- oder grüngraue Sandstein-Untergruppe. Charakteristisch ist ihr hoher Anteil an Quarz, Feldspat und Gesteinsbruchstücken wie Quarzit, Kiesel- oder Tonschiefer. Typisch für Grauwacken sind die schlechte Sortierung und meist auch schlechte Rundung der Mineralkörner. Eingebettet ist alles in eine relativ feinkörnige Grundmasse, die überwiegend aus Chlorit und Glimmer besteht.

Gebildet bei turbulenten Rutschungen

Grauwacken sind marine, klastische Sedimente, die bevorzugt in absinkenden Meeresbecken im Vorland von Faltengebirgen abgelagert werden. Der sehr heterogen zusammengesetzte Abtragungsschutt dieser Gebirge wird von Flüssen ins Meer transportiert und zunächst auf dem Kontinentalschelf, dem Übergang von der Flach- zur Tiefsee, abgelagert. Bei Überschreiten des stabilen Hangwinkels oder durch Erschütterungen wie Erdbeben wird das noch nicht verfestigte Sedimentmaterial instabil. In einem Trübestrom aus unsortierten Komponenten – einem sogenannten Turbidit – gleitet es den Schelfhang hinab und kann teilweise mehr als 100 Kilometer in das Becken transportiert werden. Dort wird es abgelagert und später verfestigt. Aufgrund des sehr heterogenen Mineralbestandes, der schlechten Kornsortierung und -rundung sowie des relativ hohen Anteils an Grundmasse spricht man bei einer Grauwacke von einem unreifen Sandstein. Grauwacken sind weder durch langen Transport noch durch intensive Aufarbeitung geprägt – instabile Minerale sind noch nicht zerfallen, Körner nicht gut gerundet.

In Deutschland kommen Grauwacken vor allem im Rheinischen und Thüringischen Schiefergebirge sowie im Harz vor. Die Grauwacken im Rheinischen Schiefergebirge entstanden größtenteils im Unter- und Mitteldevon (418 – 383 Millionen J. v. h. ). Hauptmaterial ist der Abtragungsschutt des Old-Red-Kontinent oder Laurussia genannten, alten Gebirgsblocks. Dieser Schutt wurde in den vorgelagerten Meerestrog des sogenannten Rhenoherzynischen Beckens geschüttet und baut das heutige Rheinische Schiefergebirge auf.

Vielfältig nutzbar

Grauwacken sind sehr hart und verwitterungsbeständig, gleichzeitig aber gut zu bearbeiten. Sie werden daher häufig für Mauern – seien es Naturmauern im Gartenbau oder auch im Wasserbau als Staumauern – eingesetzt. Ebenfalls werden Pflastersteine, Splitt und Schotter aus Grauwacken hergestellt. Verbreitet ist die Verwendung der Schotter als Oberbaustoff von Eisenbahntrassen. Daneben hat sich Grauwacke als Naturstein für Arbeitsplatten, Fassadengestaltungen, als Fensterbank, die Dekoration von Aquarien und vieles mehr bewährt.

In der Natursteinindustrie wird der Begriff „Grauwacke“ traditionell häufig für tonhaltige, feinkörnige Sand- und Schluffsteine des Rheinischen Schiefergebirges verwendet. Solche als „Grauwacken“ gehandelten Gesteine werden vor allem im Bergischen Land – bei Lindlar („Lindlarer Grauwacke“) und bei Reichshof („Odenspieler Grauwacke“) sowie im Sauerland bei Drolshagen („Rensselandia Grauwacke“) – in großen Steinbrüchen abgebaut. Ihr Erscheinungsbild und ihre Nutzungseigenschaften kommen den echten Grauwacken sehr nahe. Aber echte Grauwacken sind in NRW gar nicht so verbreitet. Ein typisches Beispiel für das Vorkommen echter Grauwacken ist beispielsweise die Arnsberg-Formation im Sauerland.

In echten Grauwacken sind – bedingt durch ihre Entstehungsbedingungen – Fossilien eher selten, dafür aber artenreich. Da haben die nordrhein-westfälischen, als Grauwacken gehandelten Gesteine, zum Teil mehr zu bieten. Bekannt ist der Mühlenberg-Sandstein aus Lindlar („Lindlarer Grauwacke“) mit seinen zahlreichen fossilen Seeliliengliedern, die begehrte Sammelobjekte sind.

Grauwacke – ein alter, simpler Name für ein Gestein mit interessanter Entstehungsgeschichte und vielen Nutzungsmöglichkeiten.

Nahaufnahme der Fassade der St. Matthias Kirche in Euskirchen

Nahaufnahme der aus Grauwacke bestehenden Fassade der St. Matthias Kirche in Euskirchen

Lindlarer Grauwacke

Lindlarer Grauwacke mit fossilen Seelilien-Stielgliedern

2022: Gips- und Anhydritstein – facettenreiche Allrounder

Ausschnitt eines Gipsbrocken mit Hammer: Steinbruch Ellrich (Foto: Thüringer Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschutz)

Gipsbrocken im Steinbruch Ellrich, Landkreis Nordhausen (Foto: Thüringer Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschutz)

Das Kuratorium unter Federführung des Bundesverbandes Deutscher Geowissenschaftler e. V. hat Gips- und Anhydritstein zum Gestein des Jahres 2022 ernannt. Beide sind wertvolle, vielseitig einsetzbare Rohstoffe, die weitestgehend aus den Mineralen Gips bzw. Anhydrit bestehen. Vor allem als Baumaterial wie in Gipskartonplatten, als Mauerputz, im Estrich, als Zuschlagstoff in Zement, in Verzierungsleisten und in Stukkaturen finden sie sich in nahezu jedem Gebäude. Aber auch im Brandschutz, in der Pharmaindustrie, der Medizin oder der Kosmetikherstellung wird speziell Gips eingesetzt. Gips wird durch über- und untertägigen Abbau und in Deutschland etwa zur Hälfte bei der Rauchgasentschwefelung in Kohlekraftwerken gewonnen – als begehrter, qualitativ hochwertiger REA-Gips!

Auf allen Kontinenten

Gips (CaSO4 x 2 H2O) ist ein häufig vorkommendes Mineral mit großem Formenreichtum. Es ist ein Kalziumsulfat, das Kristallwasser enthält – die wasserfreie Variante ist der Anhydrit (CaSO4). Gipsstein entsteht überwiegend in tropischen Breiten durch chemische Ausfällung in vom offenen Meer abgetrennten, flachen Becken. Durch Entwässerung unter zunehmender Sedimentüberdeckung entsteht daraus Anhydritstein. Auf allen Kontinenten kommen diese Gesteine vor – sogar auf dem Mars konnte das Mineral Gips nachgewiesen werden. Anhydritstein kann weißgrau, bläulich oder rötlich sein. Er ist vergleichsweise hart und nur mit dem Messer ritzbar. Gipsstein ist feinkörnig, meist weiß bis braungrau und gelegentlich durch Beimengungen farblich verändert. Er ist so weich, dass er mit dem Fingernagel geritzt werden kann. Da er wasserlöslich ist, können sich in massiven Gipssteinspaketen Karsterscheinungen wie Höhlen, Erdfälle oder Dolinen bilden. Zahlreiche Geotope in Deutschland finden sich in Gips- und Anhydritgesteinen – vor allem in Formationen von Zechstein, Muschelkalk und Keuper, so z. B. im Naturpark Südharz, im Kyffhäuser oder bei Kassel. In NRW hat das ehemalige Gipsabbaugebiet in Bielefeld-Stieghorst heute keine wirtschaftliche Bedeutung mehr. Mit der Abschaltung der Braunkohlekraftwerke im Jahr 2038 wird zudem der REA-Gips zukünftig nicht mehr zur Verfügung stehen. Daher wurden die Staatlichen Geologischen Dienste gebeten, eine deutschlandweite Bestandsaufnahme der vorhandenen Gipsvorkommen zu erstellen. Diese Bestandsaufnahme dient der Entscheidung über notwendige Maßnahmen zur Sicherstellung einer nachhaltigen Versorgung mit Gips.

Ehemalige Gipsabbaufläche (Foto: Bundesverband der Gipsindustrie e. V.)

Ehemalige Gipsabbaufläche (Foto: Bundesverband der Gipsindustrie e. V.)

Gipsbrocken im Steinbruch Ellrich, Landkreis Nordhausen (Foto: Thüringer Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschutz)

Gipsbrocken im Steinbruch Ellrich, Landkreis Nordhausen (Foto: Thüringer Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschutz)

2020/21: Andesit – typisch für explosive Vulkane

Vulkan Parinacota, Bolivien (Foto: Reinhardt Tauchnitz)

Der Vulkan Parinacota in Bolivien (Foto: Reinhardt Tauchnitz)

Im Süden des US-Bundesstaates Washington ereignete sich am 18. Mai 1980 einer der stärksten Vulkanausbrüche des 20. Jahrhunderts: Ein großer Teil des Mount St. Helens wurde bei einer Eruption dieses Vulkans weggesprengt und etwa 188 Millionen m3 glühend heiße Lava ergossen sich in die Landschaft. Die Lava erstarrte schließlich an oder nahe der Oberfläche zu Andesit. Solche hochexplosiven Ausbrüche sind typisch für Andesit-Vulkane. Da sie aus vielen übereinander lagernden Schichten von zu Andesit erstarrter Lava bestehen, werden sie als Schicht- oder Stratovulkane bezeichnet. Vorsicht: Ihr malerischer Anblick wie der des Parinacota in Bolivien (Foto: Reinhardt Tauchnitz) trügt – sie gehören zu den gefährlichsten Vulkanen der Welt!

Entstehung und ein interessantes „Innenleben“

Während der Erstarrung einer Andesit-Lava wachsen in ihr Minerale, wie zum Beispiel Plagioklas (Feldspat), Pyroxen, Amphibol, Biotit (Glimmer) oder auch Quarz, zunächst zu großen Kristallen heran. Mit zunehmender Abkühlung der Lava können sich nur noch kleine Kristalle bilden. So entsteht schließlich das typische, sogenannte porphyrische Gefüge eines Andesits: große Kristall-Einsprenglinge in einer Grundmasse aus kleinen Kristallen. Insgesamt besteht Andesit zu etwa 57 – 63 Gew.-% aus SiO2. Im Vergleich dazu: Quarz besteht zu 100 Gew.-% aus SiO2 und das bekanntere Vulkangestein Basalt nur zu etwa 50 Gew.-%.

Der Name ist Programm

Entlang des sogenannten Feuerrings, einer Region mit hoher vulkanischer Aktivität rund um den Pazifik, kommt Andesit besonders häufig vor. Die Anden standen daher Pate für den Namen des sehr harten und widerstandsfähigen Gesteins.

Vorkommen und Verwendung

Andesit ist vielseitig verwendbar, da er eine hohe Resistenz gegen Verwitterung hat und sehr fest und zäh ist. Schon in der Pharaonenzeit wurde Andesit in Ägypten abgebaut und für Statuetten und Denkmale verwendet. Auch im Mittelalter wurde er für Sarkophage sowie als Wandverkleidung und Bodenbelag in repräsentativen Gebäuden eingesetzt.

In Nordrhein-Westfalen kommt kein reiner Andesit vor. Im Siebengebirge gibt es jedoch Trachyandesite. Sie sind dem Andesit chemisch ähnlich, enthalten jedoch bei den Feldspäten neben Plagioklas auch Alkalifeldspat (Sanidin und Orthoklas). In Deutschland gibt es Andesit-Vorkommen im Saar-Nahe-Gebiet, im Westerwald, im Thüringer Wald, im Flechtinger Höhenzug (Sachsen-Anhalt), in der Vorerzgebirgssenke, der Döhlen-Senke bei Dresden und in Nordwest-Sachsen. Alle diese Vorkommen entstanden vor etwa 300 Millionen Jahren – in einer Zeit mit intensivem Vulkanismus.

In den 17 deutschen Andesit-Steinbrüchen wird das Gestein heute durch Reihensprengungen für Splitte, Schotter und ähnliche Brechprodukte für die Beton- und Bauindustrie abgebaut.

 Andesit im Dünnschliff (Foto: Angela Ehling)

Andesit im Dünnschliff (Foto: Angela Ehling)

Andesitrose in Hellerberg (Foto: Manuel Lapp)

Andesitrose in Hellerberg, Saarland (Foto: Manuel Lapp)

2019: Schiefer – ein Meeresboden auf dem Haus

Foto: Schieferhalde

Ausschnitt einer Schieferhalde

Generationen von Erstklässlern haben bis in die 1960er-Jahre auf Schiefertafeln das Schreiben gelernt. Das edle Grau des Schiefers prägt noch heute ganze Ortschaften. Als Dachziegel, als Fassadenverkleidung oder Fußboden machen Schieferplatten Häuser vor allem im Sauerland, Bergischen Land und in der Eifel zu sehenswerten Schmuckstücken. Seit vielen Jahrhunderten nutzen die Menschen diesen Rohstoff, der in Nordrhein-Westfalen nur in diesen Landesteilen zu finden ist. Hier aber ist er so weit verbreitet, dass diese Mittelgebirgsregionen als Rheinisches Schiefergebirge bezeichnet werden.

Jahrmillionen unter Druck

Bis Schiefer entstanden ist, vergingen Jahrmillionen. Zunächst wurde Tonschlamm im Paläozoikum und Altpaläozoikum vor 330 bis mehr als 450 Millionen Jahren am Boden eines Meeres abgelagert, das weite Teile Europas bedeckte. Fossilien sind Zeugen der marinen Herkunft: Muscheln, Armfüßer (Brachiopoden), Dreilappkrebse (Trilobiten), tintenfischähnliche Kopffüßer (Cephalopoden) und Reste von Meerespflanzen.

Durch den Druck der darüber abgelagerten mächtigen Sedimente verfestigte sich der Ton im Laufe von Jahrmillionen zu Tonstein. Bei der späteren Gebirgsbildung wirkte der Druck seitlich auf die Gesteine – also auch auf den Tonstein – und faltete sie zu Bergen auf. Der enorme Einengungsdruck zerlegte die Tonsteine in parallel zueinander verlaufende, dünne Lamellen. Durch diesen Vorgang der Schieferung entstand das typisch plattige Gefüge des Tonsteins, daher der Name Tonschiefer oder einfach Schiefer.

Der Hauptanteil der Tonschiefer stammt aus der Devon-Zeit, unterkarbonische Schiefer sind seltener. In der Nordeifel gibt es kleine Vorkommen von ordovizischen Schiefern; sie sind mit ca. 450 Millionen Jahren die ältesten in Nordrhein-Westfalen.

Schiefer ist meist dunkelgrau bis schwarz, es gibt im Rheinischen Schiefergebirge aber auch rote Tonschiefer – sogenannter Rotschiefer – und grüne Tonschiefer. Die Schieferung kann je nach Region unterschiedlich stark ausgeprägt sein.

Edel und beständig

Schiefer ist resistent gegen Kälte, Hitze und Umwelteinflüsse. Er nimmt kaum Wasser auf und hat eine hohe Druckfestigkeit. Seine herausragende Eigenschaft ist die sehr gute Spaltbarkeit entlang engständiger paralleler Flächen, den sogenannten Schieferungsflächen. Daher ist er leicht zu bearbeiten. Tonschiefer, der von Natur aus sehr dünn aufspaltet, ist seit Jahrhunderten als Dachschiefer begehrt. Ideal sind: Spaltbarkeit des Gesteins in Stärken von 5 – 6 mm sowie ein Winkel zwischen Schichtung und Schieferung von kleiner 30°.

Im Sauerland, im Bergischen Land und in der Nordeifel gab es zahlreiche große und kleine Schiefergruben. Heute wird in Nordrhein-Westfalen nur noch im südlichen Sauerland, dem Fredeburger Revier, untertägig Schiefer abgebaut. Im Raumländer Revier des Wittgensteiner Landes endete der Schieferabbau im Jahr 1975. Das Nuttlarer Revier im nördlichen Sauerland schloss das letzte Bergwerk 1992.

Einige stillgelegte Bergwerke werden nun als Heilstollen genutzt, beispielsweise in Bad Fredeburg oder in Schmallenberg-Nordenau. Wer die Geschichte des Schiefers, von seiner Entstehung über seine mühsame Gewinnung bis zu seiner handwerklichen Bearbeitung entdecken möchte, kann auf den Spuren dieses Gesteins wandern oder in ein Besucherbergwerk einfahren.

2018: Steinkohle – Ein Archiv uralter Sumpfwälder

Grafik: Rekonstruktion eines Sumpfwaldes der Karbon-Zeit (Ruhrlandmuseum, Essen).

Rekonstruktion eines Sumpfwaldes der Karbon-Zeit (Ruhrlandmuseum, Essen). Vor dem Bild links: ein Stück Steinkohle; vor dem Bild rechts: Abdruck des Farns Alethopteris serli aus dem Oberkarbon

Einst das schwarze Gold, nun gilt sie als teuer, schmutzig, klimaschädlich. Und wenn die beiden letzten Zechen in Nordrhein-Westfalen mit Ablauf diesen Jahres schließen, hat die Steinkohle in Deutschland Stand heute endgültig ausgedient. Warum wird sie also als Gestein des Jahres geehrt? Weil die Steinkohle vor allem Nordrhein-Westfalen ihren Stempel für immer aufgedrückt hat. Und weil sie viel zu wertvoll ist, um sie einfach so zu verheizen! Steinkohle ist mehr als nur ein Energieträger!

Oberkarbon – das Zeitalter der Steinkohle

Sie ist als biogenes Sedimentgestein ein wichtiger Indikator für die Umweltbedingungen der Vergangenheit. So gibt die Kohle wichtige Informationen über das Klima, die Pflanzen- und Tierwelt sowie deren Lebensbedingungen preis. Wir finden in den mehr als 300 Millionen Jahre alten Schichten der Karbon-Zeit sehr gut erhaltene Fossilien von Pflanzen: Riesige Siegel- und Schuppenbäume, Schachtelhalmgewächse und Farne. Sie wuchsen in küstennahen Sumpfwäldern bei feucht-tropischem Klima. Aus deren Biomasse entstand in einem Prozess der Inkohlung zunächst Torf, dann Braunkohle und schließlich die Steinkohle. Ihre vielfältigen Varietäten zeigen sich in den Vorkommen des Ruhrgebietes, des Aachener und des Ibbenbürener Steinkohlenreviers.

Die Schichten des flözführenden Oberkarbons enthalten im Ruhrgebiet rund 300 Steinkohlenflöze. Davon sind 50 mächtiger als 1 m und waren damit abbauwürdig. Insgesamt macht der Anteil der Steinkohle nur ca. 2 – 3 % der oberkarbonischen Schichtenfolge aus. Denn immer wieder wurden die Sümpfe und Moore unter der Sedimentfracht der sich verlagernden Flüsse und der Meeresvorstöße begraben.

Die intensive Erforschung der Steinkohlenlagerstätten – wie im Ruhrgebiet – hat uns einen großen Fundus an geowissenschaftlichen Informationen aus den unterirdischen Grubenbauen, Bohrungen, Messungen und Analysen beschert. Mit diesem können wir die Herausforderungen der Nachbergbauzeit meistern: zum Beispiel die Auswirkungen des ansteigenden Grubenwassers verringern und die Vorräte an gewinnbarem Grubengas oder Flözgas berechnen. Zur umweltverträglichen Nutzung neuer Energieträger – wie auch der Erdwärme – bringt der GD seine Daten und sein Wissen seit Jahrzehnten ein. Und wer weiß, vielleicht erlebt die Steinkohle eines Tages eine Renaissance. Dann aber nicht, um sie zu verfeuern, sondern um sie als hochwertigen Werkstoff zu nutzen – Kohlefasern z. B. in Autos, Flugzeugen und Häusern.

Grafik zum Thema Schicht im Schacht

Eine spannende Zeitreise

Der Bergbau geht, die Geologie bleibt

2017: Diabas, das Allroundtalent – ob Straße, Acker oder Kunst

Steinbruch am Iberg bei Winterberg-Siedlinghausen

Diabas-Steinbruch am Iberg bei Winterberg-Siedlinghausen

Flüsterasphalt kennt jeder. Dass Diabas darin für eine gute Haftung und geminderte Fahrgeräusche sorgt, ist kaum bekannt. Diabas ist darüber hinaus verwitterungs- und frostbeständig sowie druckfest. Splitt und Schotter aus Diabas werden nicht nur im Straßenbau eingesetzt, sondern auch im Hoch- und Wasserbau. Zu „Urgesteinsmehl“ gemahlen, verbessert er mit seinen hohen Gehalten an Kalzium und Magnesium den Garten- und Ackerboden. Weil er gut zu bearbeiten ist, schätzen ihn auch Bildhauer- und Steinmetze. Seine guten Eigenschaften wurden bereits in der Steinzeit genutzt, um Beile und Klingen herzustellen.

Ein umgewandelter Basalt

Der kristalline, meist kleinkörnige Diabas, auch Grünstein genannt, ist ein altes basaltisches Ergussgestein aus dem Erdaltertum. Er entstand durch den Ausbruch untermeerischer Vulkane. Aus bis zu 150 km Tiefe stieg er als dünnflüssiges Magma auf Spalten zur Erdoberfläche auf. Im marinen Milieu wurden die dunklen Minerale umgewandelt, z. B. Augit in Chlorit oder Hornblende und Feldspäte in Epidot. So erhielt der ehemals schwarze Basalt seine graugrünliche Farbe. Aufgrund dieser Umwandlung wird er in der modernen Nomenklatur auch als Metabasalt bezeichnet:

Im östlichen Sauerland kommt das Gestein in zwei Varianten mit unterschiedlichem Alter vor: Aus dem Mitteldevon stammt ein 385 Mio. Jahre alter Diabas. Die Lava wurde meist effusiv, also fließend, zusammen mit Tuff am damaligen Meeresboden abgelagert. Vor 345 Mio. Jahren, im Unterkarbon, drang flüssiges Magma in Schichtfugen der zuvor abgelagerten Sedimentgesteine ein. Dies ist der besonders harte Intrusivdiabas.

In mehreren Steinbruchbetrieben bei Brilon, Meschede und Winterberg wird Diabas gewonnen und verarbeitet. Der Premium-Wanderweg Rothaarsteig, der von Brilon nach Dillenburg führt, berührt einige Vorkommen wie die Felsklippen eines Effusivdiabases am Poppenberg bei Brilon und einen Steinbruch in einem Intrusivdiabas am Clemensberg bei Winterberg.

Diabas auf dem Gudenhagener Poppenberg bei Brilon

Felsklippen eines Effusivdiabases auf dem Gudenhagener Poppenberg bei Brilon

Steinbruch

Steinbruch in einem Intrusivdiabas am Clemensberg bei Winterberg

2016: Sand – der Unterschätzte?

Sand der Haltern-Formation

Ockergelb gefärbter Sand der Haltern-Formation (Oberkreide), verbreitet von Dorsten bis Coesfeld

Wie Sand am Meer, ein allbekanntes Sprichwort. Auch NRW ist reich an Sand: Meeressande aus früheren Erdzeitaltern und noch viel mehr Sande, die von Rhein, Weser und anderen großen Flüssen unseres Landes transportiert und auf großen Flächen mit teilweise hoher Mächtigkeit abgelagert worden sind. Ein Gestein, das zur Entstehung und Ablagerung mehrere Millionen Jahre benötigt hat.

Sand ist ein begehrter Rohstoff. Er steckt fast überall drin: in Bauwerken, Handys, Computern... – aus unserem täglichen Leben nicht wegzudenken. Doch Sand ist nicht gleich Sand. Wüstensand zum Beispiel ist zum Bauen ungeeignet.

Seit dem Jahr 2007 zeichnen die Deutsche Gesellschaft für Geowissenschaften und der Berufsverband Deutscher Geowissenschaftler das „Gestein des Jahres“ aus. Dieses Jahr ist es der „Sand“. Damit reiht sich der so scheinbar allgegenwärtige Sand in die Riege deutlich seltener auftretender, ebenfalls ausgezeichneter Gesteine wie Kaolin, Tuff und Phonolith ein. Warum also gerade der Sand?

Wie Sand am Meer – Stimmt das?

Die Jury begründet ihre Entscheidung mit der großen wirtschaftlichen Bedeutung des Sandes als Rohstoff. Sand bestimmt unseren Alltag, obwohl von kaum jemand beachtet. Allein in Deutschland bestand im Jahr 2014 ein Bedarf von 240 Millionen Tonnen an Bausanden und -kiesen, so der Bundesverband Mineralische Rohstoffe. Über die Hälfte davon entfällt auf Öffentliche Auftraggeber. Beton, das meist genutzte Baumaterial überhaupt, besteht zu zwei Dritteln aus Sand und Kies. Für den Bau eines größeren Gebäudes – ein Verwaltungsgebäude, ein Krankenhaus oder eine Schule – werden durchschnittlich 3 000 Tonnen Sand und Kies benötigt. Für einen Kilometer Autobahn 30 000 Tonnen, für ein Privathaus mittlerer Größe ca. 200 Tonnen.

Sand ist nicht gleich Sand.

Unterschiedliche Korngrößen und -formen oder Beimengungen bestimmen seine Verwendungsmöglichkeiten. So wird Sand nicht nur in Häusern und Straßen verbaut. Er steckt in Glas, Kosmetik, Windkraftanlagen, Mikrochips und vielen anderen Gegenständen des Alltags. Hierfür werden hochwertige Quarzsande und -kiese mit speziellen Qualitätsanforderungen benötigt. Im Jahr 2014 lag der Bedarf an diesen sogenannten Industriesanden und -kiesen in Deutschland bei über 10 Millionen Tonnen.

Durch das weltweite Bevölkerungs- und Städtewachstum und der damit verbundenen Bautätigkeit besteht derzeit global eine steigende Nachfrage nach geeigneten Sanden. Dies führt bereits zu internationalen Konflikten. Der französische Regisseur Denis Delestrac drehte 2012 den Dokumentarfilm „Sand Wars“ (deutsche Fassung: „Sand – die neue Umweltzeitbombe“) über die Auswirkungen eines weltweiten Bausandmangels.

Geodaten für den Sand

Vor diesem Hintergrund erscheinen z. B. die großflächigen mächtigen Sand- und Kiesablagerungen des Rheins, der Maas und der Weser sowie die hochreinen Halterner Quarzsandlagerstätten als geologischer Glücksfall. Nicht selten jedoch stehen heute die Sicherung und die Gewinnung von Sand – und Kies – im Focus emotional geführter Diskussionen mit dem Ziel, einen Abbau von Rohstoffen „unter allen Umständen“ zu verhindern. Vielmehr sollte jedoch eine nachhaltige und schonende Versorgung mit den Rohstoffen das Ziel sein. Die standortgebundenen Rohstoffvorkommen in Nordrhein-Westfalen müssen als „Bodenschatz“ erkannt werden. Diesen Schatz gilt es durch einen verantwortungsvollen Umgang auch für spätere Generationen zu sichern. Er ist vor einer unüberlegten Überplanung oder Überbauung zu bewahren. Es ist abzuwägen zwischen dem volkswirtschaftlichen Bedarf und den konkurrierenden Nutzungen sowie den Belangen des Grundwasser- und Naturschutzes. Dies ist eine staatliche Aufgabe der Landes- und Regionalplanung. Für diese verantwortungsvolle Aufgabe erstellt der GD NRW umfangreiche geowissenschaftliche Fachdaten in Form der aktuellen „Rohstoffkarte von NRW 1 : 50 000" und führt ein bundesweit einmaliges Abgrabungsmonitoring durch.

Ausgezeichnet wurde also kein „wertloser“ Sand, sondern ein unseren Wohlstand und unser modernes Leben maßgeblich prägender Bodenschatz. Lernen wir ihn zu schätzen.

Bunte Sande aus NRW

Bunte Sande aus Nordrhein-Westfalen

2015 – Gneis: Ein Fremdling aus dem hohen Norden

Gneis-Findling

Gneis-Findling aus dem Kreis Coesfeld

Der Gneis ist ein metamorphes Gestein mit wechselvoller Geschichte. Hoher Druck und hohe Temperaturen haben die ursprüngliche Struktur des Gesteins sehr stark verändert. Gneise enthalten verschiedene helle und dunkle Mineralkomponenten, die parallel zueinander angeordnet sind und damit charakteristische Streifenmuster erzeugen. Manchmal können diese Streifen auch Faltungen zeigen, wodurch Gneise eine sehr schöne Zeichnung erhalten. Sie haben häufig ein hohes Alter, das bis in die Frühzeit der Erde zurückreichen kann. Der über 4 Milliarden Jahre alte Acasta-Gneis aus Kanada ist das älteste bekannte Gestein der Erde.

In NRW gibt es eigentlich keine natürlich vorkommenden Gneise – mit einer Ausnahme: Während der Vereisung vor etwa 250 000 Jahren wurden sie mit dem Eis aus Skandinavien zu uns transportiert. Nach dem Abschmelzen sind sie nun zusammen mit anderen Exoten als große Findlingsblöcke oder auch in handlichen Formaten überall dort zu finden, wo einst das Eis war – vom nördlichen Niederrhein über das Münsterland bis nach Ostwestfalen. Darüber hinaus sind Gneise in vielen Häusern als Bodenfliesen, Fensterbänke oder Arbeitsplatten verarbeitet. Diese Werksteine sind aber allesamt importiert.

Gneis-Findling aus dem Raum Xanten

Ein etwa 80 cm langer Gneis-Findling aus dem Raum Xanten

© Geologischer Dienst Nordrhein-Westfalen – Landesbetrieb –